Hügelgrab
Die römische Grabstelle
Aus „Et Dörfblädche“, 1998 von Raymund Trappen
Im April des Jahres 1930 stieß der Waldorfer Landwirt und Gemeindevorsteher Josef Freuen (Jennesjes) bei Erdarbeiten, die er offensichtlich auf Veranlassung der Eifelvereins-Ortsgruppe Blankenheim auf seinem Grundstück in der damaligen Flur 22, Bezirk Gilgenbach, ca. 300 Meter südwestlich vor Ahrmühle durchführte, auf eine römische Grabstätte. In der Grabstelle befand sich ein aus einem Stück rotem Sandstein bestehender Sarkophag, der mit einer schweren Steinplatte abgedeckt war. In diesem Sarkophag fand man einen einhenkligen Krug aus weißem Ton, ein hellgrünes, kunstvoll gefertigtes Glasfläschchen, sowie eine größere Urne, in der offensichtlich noch Aschenreste erhalten waren.
Der Gemeinderentmeister Fritz Thomas in Blankenheim, der die Fundstelle daraufhin auf Weisung der zuständigen Polizeibehörde besichtigte, beantragte, dass der Fund sowie weitere etwaige aufzufindende Gegenstände dem Heimatmuseum Blankenheim übergeben werden sollen, weil befürchtet wurde: “daß der Tatbestand vorliegt, dass zu besorgen ist, daß mangels geeigneter Aufhebungsmöglichkeiten in der Gemeinde Waldorf die Gegenstände wesentlich verschlechtert werden, der inländlichen Denkmalpflege oder der Wissenschaft verloren gehen können. "
Nun ist dieser Fund für die heutige Wissenschaft oder Geschichtsforschung nicht von so herausragender Einmaligkeit, doch für die Geschichte unseres Ortes und der näheren Umgebung lässt er einige interessante Rückschlüsse zu.
Als die Römer Mitte des 1. Jahrhundert v. Chr. das Gebiet westlich des Rheins eroberten, lebten in unserer Heimat die Eburonen, ein vermutlich keltisch-germanisches Mischvolk, von denen man bis heute noch sehr wenig weiß. Über 400 Jahre lebten die römischen Besatzer, welche übrigens aus allen Teilen des damaligen römischen Reiches kamen, Syrer, Ägypter, Mazedonier oder Armenier, in mehr oder weniger friedlicher Eintracht mit der einheimischen Bevölkerung. Also eine richtig multikulturelle Gesellschaft, wie wir sie auch heute, nur unter anderen Vorzeichen, wieder haben.
Erst in der Mitte des 4. Jahrhundert n. Chr. wurden die römischen Grenztruppen von den östlich des Rheins lebenden kriegerischen germanischen Stämmen zurückgedrängt und schließlich vertrieben. Damit brachen auch römische Verwaltung, Gewerbe und Wirtschaftsstrukturen zusammen. Aber immerhin rund 500 Jahre hat die römische Kultur unsere Heimat geprägt.
In der Nähe der sogenannten Römerstraße, die Hauptverkehrsstraße zwischen den beiden großen römischen Legionsstädten Augusta Treverorum (Trier) und Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) errichteten die Römer mehr oder weniger große Siedlungen, die entweder einen militärischen Zweck erfüllten, sogenannte Kastelle, oder zivilen Charakter hatten und als"vicus" bezeichnet werden. Eine solch zivil genutzte Siedlung, die in der Spätzeit des römischen Reiches noch mit einer Befestigungsmauer umgeben wurde, befand sich damals im heutigen Jünkerath (Teorigium). Deren Grundmauern wurden bei den Bauarbeiten zur Eifelbahn 1870 entdeckt. Dieser Vicus konnte im Verteidigungsfalle von der Bevölkerung der umliegenden römischen Siedlungen und Gutshöfe aufgesucht und dann zu einer wehrhaften Befestigungsanlage umfunktioniert werden.
Ein römischer Gutshof befand sich vermutlich auch in der Nähe Waldorfs, worauf die Anlage der römischen Grabstelle, die man etwa auf das 1. Jahrhundert n. Chr. datiert, schließen lässt.
Im Fundbericht des Bonner Jahrbuchs Bd. 140/141 von 1936 heißt es: “Waldorf (Kreis Schleiden). Mit Förster Muscheid und Dr. med. Lamberts aus Schmidtheim wurden folgende Feststellungen gemacht: Auf Flur Kopp, d. h. dem südöstlichen Teile der Höhe mit trig. Punkt 502,8, 1 km nördlich der Kirche Waldorf (oberhalb der heutigen Sandkule) wurden bei der Urbarmachung bisherigen Heidegeländes römische Dachziegeln, Scherben und Mauerreste festgestellt. Angebliche, ein Rechteck umschließende Gräben, die bei der Besichtigung eingeebnet waren, könnten die Fundamente bzw. Ausbruchgruben von Mauern sein. Die Fundstelle liegt etwa 300 m nordwestlich des 1930 auf Veranlassung der Eifelvereinsgruppe Blankenheim durchschnittenen römischen Grabhügels."
Das leicht abschüssige Gelände wäre für die Anlage eines solchen Gutshofes wie geschaffen gewesen.Nun hatten die Römer die Angewohnheit, ihre Verstorbenen immer in einer gewissen Nähe und in einer bestimmten Himmelsrichtung zu ihren Höfen zu bestatten. Die Art und Größe der Grabstelle, - man muss sie sich wohl ursprünglich bis zu 5 m hoch, 30 m lang und 10 m breit und von einer gemauerten und einer gärtnerisch gestalteten Umfriedung umgeben vorstellen, und die Art der Grabbeigaben lassen darauf schließen, dass es sich um eine etwas wohlhabendere Familie gehandelt haben muss. Der Grabhügel, den man heute noch sehr gut erkennen kann. - er liegt direkt an der Straße zur Ahrmühle, an der letzten scharfen Rechtskurve - ist im Laufe der Jahrhunderte wohl überwiegend durch Abtragung und ständiges Überpflügen stark verflacht und deshalb vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege, um ein weiteres Verflachen zu verhindern, als Bodendenkmal ausgewiesen worden.
Möglicherweise hat es in oder um Waldorf in römischer Zeit noch weitere Siedlungen gegeben, deren Standorte bislang noch nicht entdeckt worden sind. Vielleicht betrachtet ja der ein oder andere demnächst zum Vorschein kommende Dachziegel beim Pflügen der Felder oder Umgraben seines Gartens einmal mit anderen Augen.
Dass unsere Flur aber noch einige tausend Jahre früher von Menschen bewohnt war, konnte ich selbst im Jahre 1980 feststellen, als ich bei Arbeiten im Pflanzgarten im Eichholz eine jungsteinzeitliche steinerne Axt fand. Sie befindet sich heute ebenfalls im Kreismuseum in Blankenheim.